Wenn man eine Konferenz besucht, ist es immer äußerst praktisch, wenn man gleich im selben Hotel übernachtet, denn dann ist man in ein paar Schritten vor Ort. Es sei denn, man ist im Gaylord Opryland Hotel – dann hat man trotzdem noch einen zwanzigminütigen Fußmarsch vor sich. Geleitet von einer App geht es durch Flure mit psychedelisch gemusterten Teppichen, hinauf und hinunter mit Aufzügen, von denen zwei benachbarte nicht unbedingt auch dieselben Etagen ansteuern, vorbei an Souvenirläden, Kneipen und Restaurants, über Brücken, schmale Trampelpfade und riesige Freitreppen, entlang an Flüssen und üppiger Vegetation. Und wenn man dann glücklich angekommen ist, hat man noch nicht einmal ein Drittel des Hotels gesehen, geschweige denn das Tageslicht. Der ganze Komplex von der Größe eines nicht ganz kleinen Dorfes ist überdacht bzw. eingeglast. Als europäischer Tourist, auf dessen ganzem Kontinent es kein auch nur annähernd so großes Hotel gibt, kann man sich leicht von diesem etwas antiquiert, aber sehr amerikanisch wirkenden Kosmos faszinieren lassen. Wo sonst kann man einen Abendspaziergang an einem Springbrunnen mit Lichtshow beginnen und wenig später in einer riesigen Halle mit neoklassizistischen Wandgemälden landen, ohne dafür das Gebäude verlassen zu müssen? Der Haken an der Sache ist, dass man es im Prinzip auch nicht wirklich verlassen kann, jedenfalls nicht zu Fuß. Eine Mall ist noch zu erreichen, deren Foodcourt eine gute Alternative zu den hoteleigenen Restaurants darstellt. Ansonsten liegt das Grundstück ziemlich isoliert ein ganzes Stück außerhalb von Nashville. Und so spannend, dass man sich tagelang ausschließlich darin aufhalten wollte, ist die gaylordsche Käseglocke dann auch nicht. Spätestens an Tag zwei nerven einen die omnipräsenten Instandhaltungsarbeiten (irgendwo ist immer ein Hochdruckreiniger zugange), und wenn man dann ins Zimmer flüchtet, stellt man fest, dass das zwar 300 Dollar kostet, aber einen guten Drei-Sterne-Standard nicht überschreitet. Man zahlt halt für das ganze Drumherum, zum Beispiel die vermutlich horrende Gärtnerrechnung des Hotels und die vielen Pumpen und Lichter, die Tag und Nacht die Wasserfälle in Bewegung und Beleuchtung halten. Um Nachhaltigkeit sorgt sich hier offensichtlich niemand. Die Frage drängt sich auf: Was soll das alles? Braucht man im Hotel einen Indoor-Dschungel und die Möglichkeit, auf einem künstlichen Fluss mit einem Boot durchs Atrium zu fahren? Wir beantworteten sie mit Nein und flüchteten uns, wann immer möglich, zurück in die Realität bzw. nach Downtown Nashville. Das geht übrigens nicht nur mit dem teuren Shuttle, wie einen das Personal glauben lassen will, sondern auch mit einem ganz gewöhnlichen Linienbus – ein willkommenes Stückchen Normalität vor den Toren einer merkwürdigen Parallelwelt.
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